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Das ungarische Referendum dient der Wiederherstellung einer starken Europäischen Union

Der Termin steht fest: Am 2. Oktober 2016 wird in Ungarn eine Volksabstimmung über das verpflichtende EU-Quotensystem zur Ansiedlung von Migranten stattfinden. Dass das Datum nur einige Tage nach dem Brexit bekanntgegeben wurde, hat zu Mutmaßungen geführt, das ungarische Referendum handle ebenfalls vom Austritt aus der EU. Natürlich war das aus dem Munde mancher Kritiker eine absichtliche Verwechslung aus politischen Gründen.

Tatsache ist, dass das ungarische Referendum nichts mit einem etwaigen EU-Austritt zu tun hat. Ministerpräsident Orbán stellte klar, dass sich die ungarische Regierung eine starke EU wünscht und immer wieder öffentlich ihre Hoffnungen betont, dass das Vereinigte Königreich EU-Mitglied bleibt. Erst kürzlich wiederholte er seine Überzeugung in einem Artikel, der am Montag in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung erschienen ist, dass die wirtschaftlichen und sozialen Schwierigkeiten der EU überwunden werden können. Die Lösung ist: Wo mehr EU gebraucht wird, soll es mehr EU geben, und wo mehr nationale Souveränität gebraucht wird, soll es mehr nationale Souveränität geben.

Das ungarische Referendum widerspiegelt den Geist des Letzteren. Dieses Referendum möchte eine falsche Politik, einen fehlerhaften und erzwungenen Plan von Brüssel korrigieren, der die Europäer mehr entfremdet hat, als alle anderen derzeitigen Probleme. Das ungarische Referendum schafft die Möglichkeit, die Europäische Union als eine Gemeinschaft wiederherzustellen, in der die Stimme der Bürger zählt.

Im Oktober hat die ungarische Bevölkerung die Möglichkeit, über folgende Frage abzustimmen: „Wollen Sie, dass die Europäische Union auch ohne die Zustimmung des [ungarischen] Parlaments die verpflichtende Ansiedlung von nichtungarischen Staatsbürgern in Ungarn vorschreiben kann?“ Die Frage betrifft aus rechtlichen Gründen zukünftige EU-Pläne zur verpflichtenden Ansiedlung von Migranten zwischen den Mitgliedsstaaten. (Das Referendum handelt nicht von der einmaligen Ansiedlung von Migranten, welche vom Europäischen Rat letzten September beschlossen wurde. Diese Entscheidung fechten wir beim Europäischen Gerichtshof an.)

Wir glauben, dass man bei einem solch wichtigen Thema, wie Einwanderung, auf die Stimme des Volkes hören sollte. Obwohl es eine lange Tradition hat, dass die EU-Mitgliedsstaaten ihre Bevölkerung immer wieder über wichtige Themen haben abstimmen lassen – etwa über den Vertrag von Maastricht, den Vertrag von Amsterdam, die Einführung des Euro, die Europäische Verfassung, den Lissabon-Vertrag und vieles mehr –, scheint es nicht allen wichtig zu sein, dass die Bürger ihre Meinung kundtun dürfen.

„Zu viele Politiker folgen ausschließlich ihrer nationalen Meinung“, meinte kürzlich EU-Kommissionspräsident Jean Claude Juncker. „Und wenn man der nationalen Meinung folgt, entwickelt man nicht das, was ein gesunder europäischer Menschenverstand sein sollte, und kein Gefühl für das Bedürfnis nach gemeinsamen Anstrengungen.“ Das waren kurz vor dem Brexit-Referendum recht merkwürdige Worte. Seine Aussage fand wenig überraschend den Weg in die britische Presse und könnte zum schrecklichen Ergebnis beigetragen haben.

Das ist ein Beispiel dafür, was Premier Orbán als „die wachsende Kluft zwischen europäischen Spitzenpolitikern und dem gesunden Menschenverstand der Europäer“ bezeichnete.

„Die eigenen Leute lehnen ab, was Europa heutzutage macht. Das wird zum Problem“, erklärte der Ministerpräsident. Natürlich bezog er sich damit auf die Einwanderungspolitik aus Brüssel und fügte hinzu: „Ich habe noch kein einziges Mal erlebt, dass es am Ende das Volk ist, das seine Meinung ändert.“

Das Ergebnis der Brexit-Abstimmung ist wohl das dramatischste Anzeichen dafür, dass die Attraktivität der EU nachlässt, aber bestimmt nicht das einzige. Auf dem gesamten Kontinent gewinnen jene Parteien immer mehr Zuspruch, die für den Austritt ihrer Länder aus der europäischen Gemeinschaft plädieren. Diese politischen Kräfte machen sich eine stetig wachsende Unzufriedenheit zu Nutze: das Gefühl, aus dem europäischen Projekt ausgeschlossen worden zu sein sowie den Frust darüber, dass Alltagsprobleme auf europäischer Ebene nicht angegangen werden, beziehungsweise auch über den nicht steigenden Lebensstandard.

Die EU versucht, den Mitgliedsstaaten eine demokratisch nicht legitimierte Migrationspolitik aufzuzwingen. Wenn es um Themen geht, die so schwere und langwierige strukturelle Folgen für unser Land und Europa haben könnten, dann ist die Orbán-Regierung für ein Mitspracherecht der Bevölkerung. Das Referendum, das wir im Oktober abhalten werden, wird dem Volk diese Möglichkeit gewähren.

Die Abstimmung in Ungarn unterscheidet sich trotz allen Äußerungen von Kritikern und politischen Gegnern klar vom Brexit. Im sehr populären Brexit-Referendum erklärten mehr als 17 Millionen Briten bei einer Wahlbeteiligung von über 72 Prozent, dass sie nicht mehr an das europäische Projekt glauben. Mit der eigenen Volksabstimmung möchte Ungarn die geschwächte EU stärken und sie wieder zu einer großartigen europäischen Gemeinschaft machen, in der die Stimme des Volkes zählt.

Dieser Artikel ist eine Übersetzung des Originals aus dem Englischen, welches hier erschienen ist.