Gestern veröffentlichte die Financial Times mit dem Titel „Jewish life in Budapest is enjoying a renaissance“ (zu Deutsch: „Das jüdische Leben in Budapest erlebt eine Renaissance“) einen Meinungsartikel. Der bekannte Schriftsteller Adam LeBor, internationaler Korrespondent und seit Jahren wohnhaft in Budapest, gesteht: „Ich habe keine anderen ungarischen Wurzeln, als durch Osmose, aber ich habe mich in Budapest immer zu Hause gefühlt.“
Er schreibt auf bewegende Weise über den Schabbat-Gottesdienst am Freitagabend in der Frankel-Synagoge in Budapest, als er seine Frau heiratete und in der er „eine herzliche Gemeinschaft vorfindet, in der wir uns immer willkommen fühlen.“
LeBor ignoriert nicht die schwierigen Themen wie den langen Schatten des ungarischen Holocaust und die Diskussion über historische Persönlichkeiten wie Miklos Horthy, sondern präsentiert auch auf eine erfrischende Weise das heutige Budapest, in dem das „jüdische Leben eine Renaissance erlebt“, wie er schreibt.
„Die Zahl der Schulen, Gemeindezentren, Sozial- und Wohlfahrtsorganisationen und Synagogen nimmt auf allen Ebenen zu. Es gibt unterschiedliche Schätzungen über die Anzahl der Juden. Je nach Definition gibt es zwischen 100.000 und 200.000 ungarische Juden oder Menschen mit jüdischer Abstammung. Die Mehrheit lebt in Budapest – einer der größten Gemeinden in Europa.“
Und er stellt dies der Situation in den USA und anderen europäischen Hauptstädten gegenüber.
„Es ist nicht Budapest, in dem die Besucher einer Synagoge erschossen werden, wie im April dieses Jahres und im Oktober 2018 in den USA; oder wo 39 Prozent der Juden angaben, im vergangenen Jahr antisemitische Bedrohung ausgesetzt gewesen zu sein, wie dies in Belgien der Fall ist. Und es war auch nicht in Budapest, wo jüdischen Parlamentsmitgliedern Leibwächter zur Verfügung gestellt wurden, damit sie an ihren eigenen Parteikonferenzen teilzunehmen konnten, ebenso wie den jüdischen Abgeordneten auf der Labour Party-Konferenz in Großbritannien im vergangenen Jahr. In der Tat nimmt die Zahl von Hassverbrechen gegen Juden in Ungarn ab.“
Und nehmen wir doch einmal diese Beschreibung Budapests, der von jemandem kommt, der seit Jahren hier lebt und arbeitet, und vergleichen wir sie mit dem letzte Woche im Wall Street Journal veröffentlichten Leitartikel, in dem es darum ging, dass Präsident Donald Trump seinen „dubiosen ungarischen Freund“, den ungarischen Ministerpräsidenten, empfängt.
Die Hauptbeschwerde des Autors? Antisemitismus. William Galston, ein noch von Clinton ernannter Senior Fellow an der liberalen Brookings Institution, kritisiert den überarbeiteten Lehrplan für öffentliche Schulen und behauptet unter anderem, die „Orbán-Regierung habe systematisch auch versucht, die antisemitische Vergangenheit Ungarns zu tünchen.“
In seinem Schreiben, das möglicherweise in einem Büro der Brookings Institution in der Massachusetts Avenue in Washington entstand, wurde allerdings nicht erwähnt, dass die Holocaust-Erziehung durch die Orbán-Regierung zum obligatorischen Bestandteil des nationalen Lehrplans gemacht wurde. Unsere neue Verfassung identifiziert die jüdische Gemeinde ausdrücklich als Bestandteil des ungarischen Volkes; auch war Viktor Orbán der erste ungarische Ministerpräsident, der explizit über die Schuld Ungarns sprach, als er sagte: „Ungarn hat eine Sünde begangen, als wir beschlossen, mit den Nazis zusammenzuarbeiten, anstatt die Juden zu schützen.“
Beschreibungen, wie die in diesem WSJ-Editorial, ermüden langsam. Ihr eigentliches Problem ist George Soros und das Versäumnis, seine politische Einmischung anzuerkennen, anstatt darauf zu bestehen, dass jede Kritik an Soros gleichbedeutend mit Antisemitismus ist. Aber diese unaufhörlichen Versuche, die Orbán-Regierung und Ungarn als antisemitisch darzustellen, passen einfach nicht zu dem, was wirklich passiert.
Am Ende seines Artikels erzählt LeBor vom Besuch eines jüdischen-orthodoxen Freundes in Budapest und erinnert sich, er sei etwas besorgt darüber gewesen, dass der Freund mit einer Kippa durch die Stadt lief. LeBor schreibt: „Wie war die Reaktion?“, fragte ich ihn. „Hat jemand Bemerkungen gemacht?“ „Ja“, antwortete er. "Ein Fremder sagte zu mir: Shalom.“