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Nein, das ist nicht die „neue Norm“

Der neueste Vorschlag der Kommission zur Bewältigung der Flüchtlingskrise hat bei uns für große Verwunderung gesorgt.

In der Ankündigung eines neuen Rahmenkonzepts für Migrationspartnerschaften am Dienstag bezeichnete die Kommission die Krise salopp als die „neue Norm“ und stellte einen Plan für die Ermöglichung legaler Einwanderung vor, indem das System der Blauen-Karte-EU reformiert und die Integration effektiver gestaltet werden soll. Die Welle an Migranten, die nach Europa kommen – also die „neue Norm“ – zwingt die EU, Möglichkeiten für die legale Zuwanderung für all jene zu schaffen, die auf dem Kontinent Arbeit finden wollen, meint EU-Kommissar für Migration, Dimitris Avramopoulos.

Diese Herangehensweise ist fundamental fehlgeleitet, hat wenig bis keine Unterstützung in der Bevölkerung und sendet, wie die Orbán-Regierung seit Monaten sagt, die falschen Signale. Ungarn weist entschieden jeden Plan für eine verpflichtende Flüchtlingsquote zurück. „Migranten und Schlepper interpretieren solche Vorschläge beide als Einladung“, sagte der Minister für Äußeres und Außenwirtschaft, Péter Szijjártó.

„Dementsprechend lehnt Ungarn den Vorschlag der Europäischen Kommission aufs schärfste ab“, so der Außenminister.

Manchmal muss man genau suchen, um gesunden Menschenverstand in den Ideen aus Brüssel zu finden. Aber neben dem verblüffenden Plan, die sogenannte „neue Norm“ zu akzeptieren und Möglichkeiten für den Zuzug zu schaffen, können wir, tief in den Details des Vorschlags vergraben, vielleicht den Anfang davon erkennen, dass uns jemand zuhört.

Das neue Partnerschaften-Rahmenkonzept besagt, dass die Verwaltung der Einwanderung ausgelagert werden soll, wodurch man den externen Verwaltungsbetrieb der EU durch die vorgeschlagenen neuen Partner Äthiopien, Mali, Niger, Nigeria und Senegal sowie Jordanien und den Libanon erweitern würde. Um das zu tun, möchte die Kommission durch die Bemühungen der Mitgliedstaaten „das Handeln und die Ressourcen der EU mobilisieren und diese fokussiert nutzen.“

Es klingt in jenem Sinne vertraut, als dass es ein Aufruf ist, mit den ersten sicheren Ankunftsländern zusammenzuarbeiten. Das ist es auch, was die Orbán-Regierung seit Monaten sagte. Das Rahmenkonzept hat auch zum Ziel, die Zahl der Rückkehrer zu erhöhen und Migranten sowie Flüchtlingen zu ermöglichen, nahe der Heimat zu bleiben. Darin hört man viele der Punkte wieder, die Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán Mitte April in seinem Plan für Schengen 2.0 betonte.

Tatsächlich sind sechs von den zehn Punkten, die der Ministerpräsident am 15. April vorgestellt hatte, um die Ordnung an der europäischen Grenze wiederherzustellen, in die neue Partnerschaft integriert worden. Die Ideen betreffend Identifikation, ausgelagerte Bearbeitung, Wiederaufnahme und Rückkehr, finanzielle Hilfe, sichere Länder und Rückführung kommen alle im neuesten EU-Vorschlag vor, wenn sie auch mit EU-Jargon ausgeschmückt wurden.

Die italienische Regierung brachte ähnliche Punkte vor. Es ist kein Zufall, dass unsere beiden Länder ähnliche Standpunkte zu diesem Thema haben. Beide Staaten befinden sich an der Frontlinie dieser Krise. Der Plan des Ministerpräsidenten für Schengen 2.0 hat das Argument gestützt, dass es sich bei Europas Antwort nicht nur um Zwangsquoten für die Flüchtlingsverteilung handeln darf – es braucht nämlich eine entschlossenere Lösung für den Grenzschutz –, und es wurde klargestellt, dass sich „neue“ Mitgliedstaaten nicht von Brüssel schikanieren lassen werden.

Die Kommission muss die Sorgen der Mitgliedstaaten an der Frontlinie ernst nehmen, wenn es um irreguläre Einwanderung geht. Der gesunde Menschenverstand muss sich durchsetzen und den Interessen der europäischen Bürger dienen. Das sollte die „neue Norm“ sein.

 

Dieser Artikel ist eine Übersetzung des Originals aus dem Englischen, welches hier erschienen ist.