Ungarn weigert sich, die vielen tausend Migranten, die laut Österreich nach EU-Recht zurückgeschickt werden sollen, aufzunehmen, was die wachsende Anspannung zwischen den beiden Staaten verstärkt.
„Es ist klar, dass Ungarn diese Migranten nicht zurücknehmen kann“, sagte Verteidigungsminister István Simicskó bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit seinem österreichischen Amtskollegen Hans Peter Doskozil.
„Damit wir sie zurücknehmen können, müsste ihre Reise hier begonnen haben. Aber... sie haben verschiedene Länder überquert, bevor sie nach Ungarn gekommen sind. Sie sind nicht plötzlich durch Magie hier erschienen, sie haben verschiedene sichere Länder betreten, unter anderem Griechenland“, sagte Simicskó.
Nach dem viel kritisierten Dublin-Abkommen der Europäischen Union müssen Asylanträge im ersten EU-Mitgliedstaat bearbeitet werden, in dem die Flüchtlinge ankommen. Viele Länder haben das Zurückschicken nach Griechenland ausgesetzt.
Österreich, das mit 90.000 Asylanträgen die zweithöchste Pro-Kopf-Rate der EU aufweist, sagt, dass Ungarn mehrere tausend Migranten zurücknehmen soll.
Laut dem österreichischen Verteidigungsminister kommen täglich ungefähr 150 Migranten über Ungarn an, wo die meisten auch registriert werden, nachdem sie von Griechenland aus über Mazedonien, Bulgarien und Serbien eingereist sind.
Gegenwärtig schickt Österreich keine Flüchtlinge nach Ungarn zurück, nachdem ein Gerichtsbeschluss im vergangenen September die Rückführung einer afghanischen Familie aufgrund von „unmenschlichen Umständen“ in Ungarn verhindert hatte.
Karl-Heinz Grundböck, Sprecher des Innenministeriums, sagte jedoch, das habe nur einen individuellen Fall betroffen und verhindere keine zukünftigen Rückführungen.
„Wir haben ganz klare Erwartungen an Ungarn. Ungarn ist schließlich Mitglied der EU, des Schengen-Raums und des Dubliner Übereinkommens. Natürlich erwarten wir in einem Europa mit diesen rechtlichen Rahmenbedingungen, dass Rückführungen nach Ungarn möglich sind“, so Grundböck zur AFP.
Er kündigte an, dass Vertreter des Ministeriums noch in diesem Monat nach Ungarn reisen werden. Die Austria-Presse-Agentur berichtete, dass ein Treffen der Innen- und Verteidigungsminister von Österreich, Ungarn und Slowenien bald geplant ist.
Ungarn wurde lange Zeit für seinen Umgang mit Migranten kritisiert, seitdem das Land letztes Jahr seine Grenze zu Serbien mit einen Stacheldrahtzaun versperrte und illegalen Grenzübertritt zur Straftat mit einer Gefängnisstrafe erklärte.
Diese Woche hat das UNO-Flüchtlingskommissariat (UNHCR) Ungarn scharf für die Zustände in einem provisorischen Transit-Camp an der serbischen Grenze kritisiert, wo Menschen darauf warten, in ungarische „Transitzonen“ gelassen zu werden.
„Wir bleiben über Ungarns restriktive Herangehensweise und die schrecklichen Zustände für Asylsuchende außerhalb der Transitzonen besorgt.
Aktuell werden täglich nur 15-17 Personen pro Zone über die Grenze gelassen, wodurch Hunderte Tag und Nacht ohne ausreichende Unterstützung an der EU-Grenze leiden“, so Samar Mazloum, Leiterin der örtlichen UNHCR-Außendienststelle.
„Die derzeitige Herangehensweise macht es Schleppern sehr leicht, verzweifelte Flüchtlinge weiter auszubeuten und zwingt sie auf gefährlichere Routen, wenn rechtliche Wege verschlossen sind.“