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Viktor Orbáns Presseerklärung nach seiner Unterredung mit dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu

Budapest, den 18. Juli 2017

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich wünsche Ihnen einen guten Tag!

Ich begrüße hochachtungsvoll Herrn Ministerpräsidenten Netanjahu und seine Delegation, die offizielle Delegation des Staates Israel hier in Budapest. Ich fasse all das kurz zusammen, worüber wir uns mit dem Herrn Ministerpräsidenten unterhalten haben.

Als Erstes möchte ich die öffentliche Meinung Ungarns darüber in Kenntnis setzen, dass der Ministerpräsident des Staates Israel im Laufe seines Aufenthaltes seinen Respekt für Ungarn zum Ausdruck gebracht hat, und ich habe den Herrn Ministerpräsidenten über den Respekt Ungarns für den Staat Israel versichert. Wir haben festgestellt, dass die Grundlage jedweder zwischenstaatlicher Kontakte der gegenseitige Respekt ist, und Ungarn wird auch in der Zukunft diesem Grundsatz folgen. Nach dreißig Jahren, das erste Mal im Laufe von zwanzig und mehr Jahren in der Geschichte des demokratischen Ungarn geschieht es, dass uns der Ministerpräsident des Staates Israel mit einem offiziellen Besuch beehrt. Das Ziel ist, die Verbindungen der beiden Länder für eine lange Zeit zu konsolidieren und zu festigen.

Wir alle wissen es, auch der Herr Ministerpräsident weiß es, dass in Ungarn eine bedeutende jüdische Minderheit lebt. Ich habe dem Herrn Ministerpräsidenten deutlich gemacht, dass für ihre Sicherheit, die sie ungarische Staatsbürger sind, der ungarische Staat in vollem Maße garantiert. Ich haben dem Herrn Ministerpräsidenten verdeutlicht, dass die ungarische Regierung gegenüber jedwedem Antisemitismus die Nulltoleranz erklärt hat. Ich habe dem Herrn Ministerpräsidenten mitgeteilt, dass das jüdische Leben heute in Ungarn eine Renaissance erlebt, und wir hierauf stolz sind. Wir sind der Ansicht, dass die Renaissance des jüdischen Lebens einen ernsthaften Beitrag zur gemeinsamen Leistung der ungarischen Nation darstellt. Selbstverständlich haben wir auch über die Geschichte gesprochen, dies ist im Rahmen eines solchen Treffens nicht nur unvermeidlich, sondern auch wünschenswert. Ich habe dem Herrn Ministerpräsidenten erklärt, dass wir uns dessen bewusst sind, dass wir eine schwerwiegende Geschichte hinter uns haben. Ich wollte auch für ihn auf offensichtliche Weise darlegen, dass die Regierung Ungarns in einer früheren Periode einen Fehler, ja ein Verbrechen begangen hatte, als sie Ungarns Bürger jüdischer Abstammung nicht beschützte. Ich möchte klarstellen, dass nach unserer Auffassung es die Aufgabe einer jeden ungarischen Regierung ist, jeden ihrer Bürger ungeachtet ihrer Herkunft zu schützen. In der Zeit des Zweiten Weltkriegs hat Ungarn dieser Anforderung, dieser moralischen und politischen Anforderung nicht Genüge geleistet. Das ist ein Verbrechen. Denn wir haben uns damals entschieden, statt des Schutzes der jüdischen Gemeinschaft die Kollaboration mit den Nazis zu wählen. Ich habe dem Herrn Ministerpräsidenten deutlich gemacht, dass dies nie mehr geschehen darf, die ungarische Regierung wird in der Zukunft jeden ihrer Staatsbürger schützen.

Was die Zukunft anbetrifft, meine sehr geehrten Damen und Herren, so öffnet dieser Besuch ein neues Kapitel. Wir haben mit dem Herrn Ministerpräsidenten die Möglichkeiten dieser sich jetzt eröffnenden Zukunft gründlich durchgesprochen. Wir stimmten darin überein, dass unsere Leistung hinter dem Potential der Zusammenarbeit der beiden Länder zurückbleibt, aber wir beide stimmten darin überein, dass es bei der jüdisch-ungarischen Zusammenarbeit um die Zukunft gehen muss. Wir stimmten darin überein, dass am wichtigsten die Sicherheit sein wird. Ich habe dem Herrn Ministerpräsidenten meinen Dank für jene Anstrengungen zum Ausdruck gebracht, mit denen Israel zur Sicherheit Europas beiträgt. Wir stimmten darin überein, dass die Zunahme des Antisemitismus in Europa gebremst werden muss, und im Interesse dessen eine entschlossene Politik umgesetzt werden muss. Seitens der ungarischen Regierung habe ich verdeutlicht, dass wir Israels Recht zur Selbstverteidigung anerkennen, und auch uns geht es so, dass wir erwarten, dass unser Recht auf die Verteidigung unserer selbst anerkannt werde. Ich habe klar dargelegt, dass Ungarn in ernsthaften Diskussionen  innerhalb der Europäischen Union steht, Ungarn möchte nämlich keine gemischte Bevölkerung, es will seine derzeitige ethnische Zusammensetzung nicht verändern, es ist nicht bereit, irgendeinem künstlichen, äußeren Einfluss nachzugeben. Wir möchten so bleiben, wie wir sind – auch dann, wenn ich einräumen muss, dass wir nicht vollkommen sind.

Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Wir sprachen über die wirtschaftliche Zusammenarbeit. Der Herr Ministerpräsident schlug vor, wir sollten anstelle der gewöhnlichen bürokratischen Annäherung lieber eine auf das Geschäft konzentrierte, projektbezogene Annäherung wählen. Wir haben einige Bereiche festgelegt, in denen wir unsere Geschäftsleute ausgesprochen zur Zusammenarbeit ermuntern werden, solche sind der High-Tech-Bereich und das sich jetzt eröffnende, neue Zeitalter der Autoindustrie. Wir haben über die Zusammenarbeit im Bereich der Kultur, des Unterrichts und der Wissenschaft gesprochen, und ich bin der Ansicht, dass wir wichtige Schritte in Richtung auf die Intensivierung der Kontakte der beiden Länder, auf die Stärkung der Bande gemacht haben.

Zusammenfassend muss ich Ihnen sagen, dass ich mich freue, dass Ungarn heute einen engagierten Patrioten in Budapest empfangen durfte. Ich bin davon überzeugt, dass heute in der Welt die patriotischen Regierungen die erfolgreichen Regierungen sind, und auch in der Zukunft werden jene die erfolgreichen Länder sein, die die nationale Identität und das Interesse der Nation nicht ausklammern, sondern diese vielmehr an die erste Stelle ihres Wirkens setzen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Es gibt auch zu lernen von Israel. Israel lehrt der Welt und so auch den Ungarn, dass wir das, um das wir nicht kämpfen, verlieren. Da man in der modernen Welt um alles kämpfen muss. Ich hoffe sehr, dass dieses eherne Gesetz des modernen Zeitalters auch immer mehr unserer ungarischen Mitbürger verstehen werden.

Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit!