N

Ungarische Filmindustrie boomt

Moderne Strukturen gemeinsam mit Ungarns großzügigen Steuervergünstigungen, die Stadt Budapest mit ihrer Beaux-Arts-Architektur und günstige, gut ausgebildete, Englisch sprechende Arbeitskräfte sorgen für eine „wundervolle Stadt, um dort zu arbeiten“.

Laut USA Today hat der neueste Zustrom von Hollywood-Filmproduktionen in Budapest und ganz Ungarn nicht nur die ungarische Filmindustrie angekurbelt, sondern auch die Wirtschaft.

Als der großartige Filmproduzent Andy Vajna zurück nach Ungarn zog, übernahm er die totgesagte Filmindustrie des Landes und machte sein Geburtsland zu einer Destination für internationale Filmcrews.

Die sechsteilige Miniserie MARS des National Geographic Channels, die von Plänen handelt, den roten Planeten zu besiedeln, wurde in Ungarn gerade fertiggedreht und wird in den Vereinigten Staaten im November ausgestrahlt.

Neben Werbungen und unabhängigen Small-Budget-Filmen wurden zu etwa derselben Zeit wie MARS drei große Produktionen in Budapest gedreht: der Spionagethriller The Coldest City mit Charlize Theron, die neue Fernsehserie Emerald City von NBC und das Science-Fiction-Sequel von Blade Runner.

Die 2010 erbauten Origo Filmstudios, in denen die internen Filmaufnahmen der MARS-Kolonie gedreht wurden, gleichen einem ausgedehnten Komplex gewaltiger Betonstrukturen, die so groß sind, wie ganze Flugzeughangars. Im Inneren ist das hochmoderne Bauwerk mit schwarzem schalldämpfendem Material ausgestattet, wodurch ein leiser, stockdunkler Innenraum entsteht, der Schauspieler, Sets und Geräusche im Studio vom Rest der Welt abschirmt.

Moderne Strukturen gemeinsam mit Ungarns großzügigen Steuervergünstigungen, die Stadt Budapest mit ihrer Beaux-Arts-Architektur und günstige, gut ausgebildete, Englisch sprechende Arbeitskräfte sorgen für eine „wundervolle Stadt, um dort zu arbeiten“, meinte Howie Young, Co-Produzent des MARS-Projekts für National Geographic. Young fügte hinzu, dass man bei Aufnahmen unter freiem Himmel mit Budapest so gut wie jeden europäischen Schauplatz ersetzen kann.

„Es gibt zur selben Zeit etwa acht bis zehn Filme, die in Budapest gedreht werden und zehn weitere Produktionen, für die Interesse besteht. Es gibt nicht genügend Hotels, Studios und Drehorte, um alle zu versorgen,“ erklärte Young. Er fügte hinzu, dass „die Produktionsfirmen miteinander im Konkurrenzkampf um Raum und Drehorte“ stehen. „Zwei davon filmen im selben Studio, und ich muss eine davon anrufen, um Raum für Dreharbeiten auszuhandeln.“

Diese lebendige ungarische Filmindustrie ist zum großen Teil den Bemühungen von Vajna zu verdanken, der Ungarn stark beworben hat.

Vajna, der die Rambo- und Terminator-Filme sowie ca. 50 weitere Hollywood-Filme produzierte, räumt ein, dass ungarische Filmproduzenten und Kritiker dachten, er würde ihre Industrie ruinieren, deren stolze Geschichte bis in die 1920er-Jahre zurückreicht.

Vajna verließ Hollywood im Jahr 2010 und kehrte nach Ungarn zurück, wo die Filmindustrie in einer Krise steckte. Die öffentliche Filmstiftung Ungarns, die ungarische Filme förderte, war insolvent und hatte 55 Millionen US-Dollar Schulden.

Mit der Hilfe des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán vermittelte Vajna den Transfer von staatlichen Filmstudios und weiterem Eigentum an einen neuen Film-Fonds unter Vajnas Vorsitz.

Bei dem Geschäft wurden die Schulden der alten Stiftung mit Regierungsfonds zurückgezahlt und es wurde ein neuer Finanzierungs- und Produktionsplan für die Filmindustrie zusammengestellt.

„Als ich gekommen bin, gab es eine große Gegenwehr aus Angst, meine Anwesenheit würde die unabhängige Filmindustrie zerstören,“ erzählte Vajna. „Dieser Kerl aus Hollywood, der all diese extrem kommerziellen Filme produziert hat – es gab einen Aufstand.“

Das Filmindustrie-Branchenblatt Variety berichtete, dass Béla Tarr, der legendäre ungarische Filmemacher und damalige Präsident der inzwischen stillgelegten ungarischen Filmemacher-Vereinigung, im Jahr 2012 den Deal verurteilte, da man, um an Förderungen zu gelangen, unterschiedliche Quellen durch eine einzige ersetzte.

Vajna antwortete auf diese Kritik mit einem Plan und messbaren Resultaten.

„Ich habe mir selbst zwei Ziele gesetzt,“ so Vajna. „Die Wiederbelebung der ungarischen Filmindustrie und des Marktes für ausländische Filme.“

Der neue Nationale Film-Fonds sollte jährlich zehn neue Filme finanzieren, die im Land produziert werden. Vajna stellte Personen ein, um potenzielle Drehbücher zu begutachten und Filme vor Drehbeginn zu verbessern. Das bisherige Ergebnis: 67 ungarische Spielfilme und Co-Produktionen in voller Länge, 140 Auszeichnungen auf Festivals sowie ein Golden Globe im Jahr 2015 und ein Oscar für den besten fremdsprachigen Film dieses Jahr – beide für Son of Saul.

Der neue Film-Fonds hat auch mit ungarischen Universitäten zusammengearbeitet, um den Nachwuchs in der Filmindustrie auszubilden. Er hat außerdem die Errichtung von drei neuen Studios unterstützt, insbesondere die Origo Film Group und die Korda Studios (Mitarbeit u.a. bei Der Marsianer), an denen Vajna beteiligt ist. Und die ungarische Regierung hat die Zuschüsse für Produktionskosten von 20 auf 25 Prozent angehoben, was weltweit zu den großzügigsten Förderungen gehört.

Laut Vajna war es „unser Ziel, auf der ungarischen Seite (der Filmindustrie) aufzuräumen und ein komplett transparentes System zu schaffen, bei dem man stets erkennt, wohin die Gelder fließen.“

Die Erfolge sind schwer zu leugnen.

„Die ausländischen Ausgaben für die Filmproduktion sind in Ungarn über die letzten fünf Jahre von 5 Millionen Dollar auf 280 Millionen Dollar angestiegen,“ stellte Vajna fest.

Neben seiner Filmarbeit beteiligt sich Vajna auch an Kasinos, einer Firma für digitale Animation, einem Donut-Shop und einem japanischen Restaurant.

Lesen Sie hier mehr.